Hilfe für Alleinerziehende
Kannst du dich kurz vorstellen?
Und was ist deine Expertise?
Hallo, ich bin Annett-Katrin Wohlgemuth und freue mich, dass ich heute hier sein darf. Meine Expertise ist das Thema Wissen, Erleben, Verstehen, was Alleinerziehende bewegt und wie Alleinerziehende empowered (ermächtigt) werden können. Dafür habe ich das Start-up Amuvee gegründet. Wir unterstützen Alleinerziehende in finanziellen und sozialen Themen. Wohnen spielt dabei auch eine wichtige Rolle. Was erwarten Alleinerziehende vom Thema Wohnen? Wie wollen sie wohnen und was wollen sie einbringen?
Wie sieht der Lebensalltag von Alleinerziehenden aus?
Was sind die Herausforderungen?
Du kannst dir das sich so vorstellen: Zwischen fünf und sechs Uhr morgens klingelt der Wecker. Dann hat das alleinerziehende Elternteil vielleicht fünf oder zehn Minuten Zeit für sich, um einen Kaffee zu trinken. Und dann ist Kinderbetreuung angesagt. Die Kinder für die Schule oder den Kindergarten vorbereiten. Ist das Kind aufgestanden? Muss ich es anziehen? Was gibt es zum Frühstück? Ist das Pausenbrot eingepackt? Dann das Kind in den Kindergarten oder in die Schule bringen. Also alles, was jede Mutter und jeder Vater auch macht. Dann geht es auf die Arbeit, die entweder Teilzeit oder Vollzeit ist. Wer in Vollzeit arbeitet, verlässt gegen 16 bis 17 Uhr den Arbeitsplatz und holt dann direkt das Kind aus dem Kindergarten oder der Schule ab.
Je nachdem wie alt das Kind ist, beschäftigst du dich dann mit deinem Kind, machst Abendessen, Besorgungen oder erledigst noch Haushaltsdinge. Vielleicht steht auch noch ein Arztbesuch der Kinder an, oder sogar dein eigener. Irgendwann nach dem Abendessen kommt das Abendritual und zwischen 20 und 21 Uhr ist dann der Tag zu Ende. Und eigentlich hattest du wenig Zeit für dich selbst. Dann gehst du ins Bett, weil es am Morgen wieder losgeht. Und sind alle Tage von Montag bis Montag inklusive Wochenende. Zusammengefasst: Ich bin rund um die Uhr alleine für mein Kind oder meine Kinder verantwortlich. Ich selbst habe zwei Kinder und bin 100 % für zwei Kinder zuständig.
Wie viel Zeit bleibt da für die erwachsene Person übrig?
Das kommt darauf an, wie sehr jede Einzelne oder jeder Einzelne auf sich selbst achtet und wie viel Zeit sie für sich einplanen. Ich habe zum Beispiel gelernt, im Laufe der Zeit auch für mich Zeiten einzuplanen, wo ich selbst vorkomme. Das ist schwierig. Denn ist Herausforderung ist, dies in den Tagesablauf einzuplanen. Was zum Beispiel für mich immer wichtig war: wie mache ich Sport und kriege ich meine Sportaktivitäten geregelt? Aber auch das Thema Sozialkontakte ist schwierig, denn dafür bleibt fast keine Zeit. Hier stellt sich die Frage: wie kriege ich meine eigenen sozialen Kontakte auf die Reihe? Das ist, glaube ich, eines der größten Herausforderungen, die Alleinerziehende haben. Ich habe keine Zeit. Ich habe wenig soziale Kontakte. Ich muss mich eigentlich auch um mich selbst kümmern. Aber wo ziehe ich diese Zeit im Laufe des Tages heraus, wo sind die freien Inseln für mich?
Wie können gemeinsame Wohnformen Alleinerziehende unterstützen?
Es gibt ja so ein Sprichwort: Für die Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf. Also, wie können Alleinerziehende im Alltag besser unterstützt werden? Der Schlüssel liegt aus meiner Sicht in neuen Formen des Zusammenwohnens. Welche Formen von Wohnen könnten eine Rolle spielen? Zum Beispiel gemeinschaftliches Wohnen in einem Haus: Wo geht das überhaupt? Alleinerziehende, die mit Senioren und anderen Familien ein Leben teilen. Für mich heißt Teilhabe auch das Teilen aller Themen und Herausforderungen. Was kann ich alles teilen? Wer macht heute das Essen? Es wäre sehr entlastend, wenn gemeinsam gekocht wird oder es Tage gibt, an denen die Aufgabe abgenommen wird. Dann habe ich natürlich an diesem Tag, wenn ich nicht dran bin mit Kochen, eine Entlastung, also dann habe ich schon mal Zeit gespart. Das würde mir zum Beispiel enorm helfen, meinen Alltag zu bewältigen.
Oder die größte Katastrophe für Alleinerziehende, die im Job sind, ist mein Kind wird krank. Was mache ich morgens um sechs? Kind hat Fieber und ist stark erkältet. Weder der Kindergarten nimmt das Kind, noch, wenn es älter ist, kann es in die Schule gehen. Ich habe im Job einen wichtigen Termin. Was mache ich jetzt? Vielleicht gibt es Gemeinschaften, in denen auch Ältere sind oder andere Alleinerziehende, die im Moment noch nicht im Job sind. Vielleicht können so Betreuungsmodelle gefunden werden, die im Prinzip auch eine Notfallbetreuung schneller übernehmen. Es ist dann alles vor Ort. Das könnte auch eine Quartierslösung sein, die Alleinerziehende in dieser Situation gut unterstützen können.
Was aber auch für mich wichtig ist, ist das Thema soziale Isolation. Dann können in geeigneten Wohnformen, auch gemeinschaftlich Unternehmungen stattfinden. Es gibt Anlaufpunkte, die zu einem schnelleren Austausch führen. Damit entfallen Anfahrtszeiten und Absprachen. Ich kann einfach die Tür, um mich mit einem anderen Menschen zu treffen. Somit habe ich das Thema soziale Isolation relativ einfach gelöst. Wenn ich eingebettet bin in ein soziales System, dann sind es auch meine Kinder. Es gibt dann vielleicht auch andere, die für das Kind Ansprechpartner sind. Dann habe ich natürlich auch eine andere mentale Stärke. Ich habe eine andere Gesundheit. Meine Gesundheit kann ich viel besser erhalten, wenn ich in einer gemeinschaftlichen Wohnform unterwegs bin.
Wie könnte so was aussehen? Also das kann beispielsweise ein Mehrfamilienhaus sein, wo unterschiedliche Wohnungsgrößen angeboten werden, wo ich unterschiedlich wohnen kann. Das könnte aber auch eine Quartierslösung sein, mit acht oder zehn Einheiten und in der Mitte gibt es einen Platz oder ein Gemeinschaftsgebäude, in dem sich Alleinerziehende austauschen können. Wichtig ist eben, mit anderen, nicht nur Alleinerziehende, sondern auch andere Familien, Paare oder Singles. Die Kinder erleben dann auch andere Vorbilder. Möglich wäre auch ein Tandem-Modell als Wohnform. Hier schließen sich zwei oder drei Alleinerziehende zusammen und wohnen in einer Wohngemeinschaft. Am Ende geht es um die alltägliche Unterstützung. Je vielfältiger die Ausprägungen sind, umso einfacher fällt die Auswahl.
Was müssen Wohnprojekte mitbringen? Wie kann Hilfe aussehen?
Sie müssen ein Verständnis haben für Alleinerziehende, für die Herausforderung und für die Kinder, vielleicht auch für die besondere Situation. 88 % der Alleinerziehenden sind Frauen. Wenn sie in der Trennungsphase sind, dann suchen die meistens schnell Wohnraum und brauchen schnell Hilfe. Sie müssen dann flexibel sein. Hier können gemeinsame Wohnformen überlegen: Wann biete ich was an? Wie kann ich unterstützen? Was können wir tun, damit das Thema Wohngeld relevant bleibt? Es geht leider nicht, einfach zusammen in einer Wohnung zu leben und sich die Miete zu teilen. Dann ist es eine andere Bedarfsklassen und der Wohngeldanspruch verfällt.
Was müssen die sonst mitbringen? Sie müssen Aufgeschlossenheit gegenüber Kindern und deren Themen mitbringen. Wesentlich ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe, weil auch Alleinerziehende viel zu bieten haben. Sie können ihren Tag managen und sie können wiederum anderen Unterstützung geben. Also das ist ein partnerschaftliches Wohnen.
Möchtest du noch ein Schlusswort sagen?
Wenn ich mir was wünschen könnte zum Thema Wohnen, wäre dies bezahlbarer Wohnraum mit neuen Modellen. Das muss an die Politik, dass eben neue Wohnformen auch Unterstützung brauchen. Dadurch wird der Community-Gedanken noch mal anders gefördert.
Alleinerziehende in Deutschland
Herausforderungen für Alleinerziehende
Gemeinsam Wohnen kann eine Hilfe für Alleinerziehende sein.
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Eine Kollektion aller Wohnprojekte für Alleinerziehende findest du auf bring-together in der Kollektion Gemeinsam Wohnen für Alleinerziehende.
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Der Inhalt ist in Kooperaion mit Amuvee entstanden.
Amuvee ist eine gemeinnützige GmbH, die sich dafür einsetzt, Alleinerziehenden das Leben einfacher und schöner zu machen.
Erstellt von Mary-Anne Kockel | Linkedin folgen