Die Lernorte für morGEN
Interview mit Stefanie Raysz
Kannst Du Dich kurz vorstellen?
Ich bin 47 Jahre alt und Mutter von drei Kindern. Seit 7 Jahren lebe ich in der Gemeinschaft Schloss Tempelhof und berate und begleite den Weg von Dörfern in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Gemeinschaft, als GEN-Beraterin. Seit 2014 bin ich vorwiegend im NGO-Bereich in der Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit tätig.
In GEN Deutschland e.V. bin ich als Lenkungskreismitglied mitverantwortlich für die Vorstandstätigkeit. Schwerpunktmäßig beschäftige ich mich mit alternativen Lebensformen und habe in verschiedenen nationalen und internationalen Projekten mitgearbeitet, z.B. am Bau des ersten Earthships in Deutschland am Schloss Tempelhof, dem »ETiA« (Ecovillage Transition in Action, GEN International Projekt) und »Leben in zukunftsfähigen Dörfern« und »Lernorte für morGEN«, beides UBA-finanzierte GEN Projekte.
Was ist GEN?
GEN (Global Ecovillage Network) ist ein beständig wachsendes Netzwerk internationaler Gemeinschaften und Ökodörfer, das Brücken baut zwischen allen Kulturen und Kontinenten.
Es wurde 1995 als Dachverband von Ökodörfern und Gemeinschaften gegründet. Es unterstützt die Entstehung von experimentellen Siedlungen, die ihr soziales und ökologisches Umfeld nicht nur stabil halten, sondern es nachhaltig weiterentwickeln wollen. Als Ökodorf gilt eine Siedlung im menschengemäßen Maßstab, die durch Gemeinschaftsprozesse bewusst gestaltet wird, um langfristige Nachhaltigkeit zu erreichen. Und unabhängig von politischer, kultureller und religiöser Herkunft, müssen alle fünf Dimensionen der Nachhaltigkeit – das heißt Ökonomie, Ökologie, Soziales, Kultur und die ganzheitliche Sicht – berücksichtigt werden, damit sich eine holistischer Lebensentwurf entwickeln kann. GEN fördert die Bildung von Gemeinschaften und Solidarität als Kernelemente einer widerstandsfähigeren Gesellschaft. Teil unserer Vision ist die Entstehung eines vielfältigen und gemeinsamen Pools an Wissen, ein bewusstes Leben im Einklang mit der Natur, neue Wege zu generationsübergreifendem Wohnen und basisdemokratische Entscheidungsstrukturen. Gemeinsam ist uns der Wunsch nach einer nachhaltigen und enkeltauglichen Lebensweise in Respekt vor unseren Mitmenschen und allen Lebewesen.
Was sind die Lernorte für morGEN?
Lernorte für morGEN ist ein Projekt des Ökodorfnetzwerkes GEN Deutschland e. V. (Global Ecovillage Network) und des Umweltbundesamts.
Die Internetplattform »Lernorte für morGEN« präsentiert die Bildungslandschaft dieser Siedlungen im Wandel. Sie umfasst eine Deutschlandkarte der Zukunftswerkstätten, einen bundesweiten Veranstaltungskalender und ein Referent*innenverzeichnis. Ziel des Angebotes ist, das Erfahrungswissen aus den Lernorten und der Referent*innen stärker in die Regionalentwicklung und in die Gesellschaft hineinzutragen. Die Bildungsangebote der Lernorte orientieren sich an BNE (Bildung für Nachhaltige Entwicklung) und am Rahmen der »Agenda 2030« der Vereinten Nationen (UN) sowie an den Leitlinien der GEN Karte der Regeneration (GEN Mandala)
Was sind die 5 essentiellen Merkmale, die GEN, bzw. die Lernorte ausmachen? Was sind Eure Handlungsziele?
Modelle und Experimente mit gelebtem, nachhaltigen Lebensstil und holistischer Betrachtungsansatz des Lebens und der Projekte, die im Ökodorf stattfinden.
GEN als Dachverband von Ökodörfern die Vielfalt leben mit
1. Persönlichkeitsbildung
2. gewaltfreier Kommunikation
3. basisdemokratischen Prozessen und Soziokratie
4. gemeinschaftsorientierte, resiliente Prozesse fördern;
5. gemeinsam wirtschaften, solidarisches Miteinander, ehrliches Feedback pflegen und gemeinsame Spielregeln durch ein all leader-Prinzip erstellen
Wer ist Eure Zielgruppe?
Bei GEN sind es gemeinschaftsinteressierte Menschen.
Die Zielgruppe für die Lernorte für morGEN sind interessierte Menschen an Bildung für nachhaltige Entwicklung, holistischer Bildungsanspruch – für Entscheider*innen und Lehrer*innen aus der Kinder- und Erwachsenenbildung, Regionalentwickler*innen, Dorf-begleiter*innen, Hochschulen und Institute, Vereine und Naturschutzgruppen, Menschen mit Interesse an Persönlichkeitsbildung.
Was ist Deine Motivation, Gemeinschaften auf den Weg in ihr Projekt zu begleiten?
Veränderungen der Gesellschaft sind nötig, bisheriges Konkurrenz- und Isolationsverhalten bringt unseren Planeten und die Lebewesen an den Rand der Existenzmöglichkeiten.
Was muss ich mitbringen, wenn ich bei Euch mitmachen möchte? Bzw. Wer kann mitmachen und was sind die Spielregeln?
Mitmachen kann jede*r, der/die sich auf den Weg macht, sein/ihr Leben ganzheitlich in die Hand zu nehmen und gemeinsam mit anderen einen alternativen Lebensstil pflegen will, mit Blick auf Nachhaltigkeit, Suffizienz, Resilienz, Autarkie. Die Spielregeln legt jeder mit fest, orientiert an Werten wie Vielfalt, Demokratie, Füreinander sorgen, Gemeinwohl, Solidarität, ...
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Ehrliche Diskurse, vorurteilsfreie Begegnungen mit Neugier, Verlernen von Mustern, mehr neuartige Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Kinder; Plätze, in denen sich Menschen als Mensch ohne Schubladendenken begegnen können und Bewertungen ausbleiben; selbstbewusste Menschen, die ihr Leben vollumfänglich in die Hand nehmen.
Was möchtest Du anderen mit auf den Weg geben?
Mut, Zuversicht, Freude am Experiment, gedankliche Handlungsspielräume, neue Denkanstöße, Informationen zu Orten des Wandels.
Erstellt von Karin Demming | Linkedin folgen