Einblick in die Wohnprojektsuche
Warum hast Du ein Wohnprojekt gesucht?
Im Sommer 2016 haben mein Partner und ich eine Eigenbedarfskündigung für Wohnung und Atelier bekommen. Innerhalb von 6 Monaten mussten wir nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch ein Atelier finden. Wir suchten im Großraum Leipziger Land und es schien monatelang völlig aussichtslos zu sein. Überzogene Mietpreise, wenige familiengerechte Angebote, zu weite Entfernung zur Schule meines Kindes und die fehlende Möglichkeit, Arbeit und Wohnen miteinander zu verknüpfen waren dabei die größten Probleme. In der Zeit überlegte ich, dass es nicht doch etwas anderes geben müsste, ein Projekt, in dem ich mit anderen Familien/Künstlern zusammen wohnen und arbeiten kann. So kam ich auf die Idee nach Wohnprojekten zu suchen.
Wie hast Du mit der Suche angefangen?
Am Anfang wusste ich gar nicht mit welchen Begriffen ich suchen sollte. Ich hatte eine spannende Reportage im Fernsehen über unterschiedliche Wohnprojekte in Europa gesehen und das war mein Ausgangspunkt zu suchen. Zudem kannte ich aus meiner früheren Heimat Thüringen Gemeinschaftsprojekte, in denen Familien zusammen leben und arbeiten.
Was gab es für Hindernisse bei der Suche?
Ziemlich viele – es fängt damit an herauszufinden, ob das gefundene Projekt überhaupt noch aktuell ist. Viele Webseiten sind veraltet und spätestens wenn man auf eine E-Mail keine Antwort bekommt, wird einem klar, dass es dieses Projekt unter Umständen schon gar nicht mehr gibt. Oft fehlen Ansprechpartner, aktuelle Verlinkungen zur Webseite und und …
Die Suche im direkten Umland zum Wohnort ist sehr schwierig. Viele Projekte sind auf verschiedenen Wohnprojektseiten nicht eingetragen. In dem Dreivierteljahr der Suche habe ich kein Projekt im südlichen Leipziger Land gefunden.
Was hättest Du Dir für die Suche gewünscht?
Eine aktuelle, gut gepflegte Plattform, die technisch gut funktioniert, auch auf dem Smartphone/Tablet.
Du hast kein Wohnprojekt gefunden. Warum nicht?
Dafür gibt es viele Gründe. Der wichtigste Grund war die Zeit. Ein Dreivierteljahr Suche und Umsetzung sind definitiv unrealistisch. Ein Wohnprojekt muss man auf lange Zeit suchen, heute würde ich dafür mindestens 3-5 Jahre planen. Es müssen die Projektpartner menschlich passen, schließlich lebt man auf lange Zeit zusammen. Zudem habe ich kein Projekt in der Nähe meines Wohnortes gefunden.
Dann gab es den Grund der Ideologie. Ich habe ein Projekt gesucht, in dem ich weder einer Religion angehören noch nach ökologischen fixen Vorgaben (z.B. vegane Lebensgemeinschaft) leben muss. Ich hatte die Vorstellung nach einer familiären/künstlerischen Gemeinschaft mit eigener Individualität.
Der letzte, aber kritischste Punkt sind die Finanzen. Viele Projekte verlangen hohe Einstiegssummen, die für mich als Künstlerin nicht finanzierbar sind. Projekte in Form von Miete/Finanzierung etc. habe ich nicht gefunden.
Wie würde Dein Traumwohnprojekt aussehen?
Wie ich oben schon erwähnt, würde ich eine kleine familiäre künstlerische Gemeinschaft auf dem Land erstrebenswert finden. Ich bin ein Fan vom ökologisch bauen/sanieren und es wäre toll, wenn das Projekt auf das Alter ausgerichtet ist und in dem ich im hohen Alter mit jungen Familien leben und mich einbringen kann. Bis dahin habe ich noch ein wenig Zeit zum Suchen…
Was würdest Du das nächste Mal anders machen und gibt es für Dich ein nächstes Mal?
Ja, natürlich. Ich gucke immer wieder mal, ob es nicht ein Wohnprojekt gibt, bei dem ich sofort „ich mach mit“ rufe. Doch im Moment bin ich froh, etwas zur Ruhe zu kommen. Ich bin mit meinem Partner in den letzten 20 Jahren aus den verschiedensten Gründen neunmal umgezogen. Im Frühjahr haben wir in der Grimmaer Altstadt eine Wohnung mit Atelier gefunden und so langsam habe ich das Gefühl, anzukommen. Ich freue mich über mein Atelier und den damit verbundenen neuen Möglichkeiten. Mit einer sicheren Basis im Rücken ist es auch entspannter, nach Wohnprojekten zu gucken und zu überlegen, was passt zu mir und meiner Familie. Ich kann niemanden empfehlen, ein Wohnprojekt unter Zeitdruck zu suchen. Vielleicht initiiere ich selber mal ein Wohnprojekt. Wer weiß was die Zeit bringt.
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Erstellt von Mary-Anne Kockel | Linkedin folgen